Sonnenstrom selbst genutzt - die solare Revolution (2024)


Sonnen­strom selbst genutzt - die solare Revo­lution


Sonnenstrom selbst genutzt - die solare Revolution (1)

erschienen in Der fort­schritt­liche Land­wirt 14/2012 S.70-71


Wird Über­schuss­strom einge­speist ist der Ertrag minimal. Deshalb gilt es den Selbst­verbrauch zuoptimieren. Welche Alternativen es gibt erfahren Sie hier.


Bislang war die Photovoltaikwelt einfach: Solarstromanlagen waren teuer und nur durch Idealisten oder mit Hilfevon staatlichen Förderprogrammen zu betreiben. Durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wurde in Deutschlandein regelrechter Solarboom ausgelöst. Mehr als 1 Mio. Photovoltaikanlagen liefern dort inzwischen mehr als 4 % desgesamten Strombedarfs. In Ländern mit weniger attraktiven oder wie in Österreich mit stark gedeckelten Förderprogrammenist der Solarenergieanteil hingegen immer noch vergleichsweise mager. Doch diese einfache Welt gerät durch den massiven Preisverfallder Photovoltaik gerade kräftig aus den Fugen.

In den letzten fünf Jahren haben sich die Kosten für Solarstromanlagen mehr als halbiert. In Deutschland ist mittlerweileder Strompreis für Haushalte und Gewerbekunden höher als die gesetzliche Vergütung für den eingespeisten Solarstrom (Grafik 1).In Österreich ist die Situation ähnlich. Zwar sind in hier die Strompreise etwas niedriger, doch ein leicht besseres Sonnenangebotgleicht diesen Nachteil für die Photovoltaik an vielen Standorten fast wieder aus.

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Grafik 1: Vergleich der Kostenentwicklung der EEG-Vergütung für Photovoltaiksysteme mit einer installiertenLeistung von weniger als 10 kW mit den Haushaltsstrompreisen in Deutschland.

Bevor, wie in der Vergangenheit Solarstrom ins Netz eingespeist und zu ungünstigen Konditionen vergütet wird, istes nun besser, den Strom möglichst selbst zu verbrauchen und dadurch die eigene Stromrechnung zu drücken.Solarstromerzeugung und Verbrauch müssen dabei allerdings absolut zeitgleich erfolgen. Auch wenn eine Photovoltaikanlageim Jahresdurchschnitt weniger Strom liefert, als man selbst verbraucht, entstehen tagsüber Überschüsse, die sich nichtvollständig selbst nutzen lassen (Grafik 2). Um den gesamten Strom zeitgleich verbrauchen zu können, muss in der Regel die Leistungder Photovoltaikanlage so gering ausfallen, dass sie kaum einen nennenswerten Beitrag mehr zur Stromerzeugungliefert.

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Grafik 2: Typischer Stromlastgang eines landwirtschaftlichen Betriebs mit einem Jahresstrombedarf von20.000 kWh an einem Frühjahrswerktag und Erzeugung eines 7-kW-Photvoltaiksystems.

Überschüsse nutzen

Für die Verwendung der Überschüsse gibt es prinzipiell verschiedene Möglichkeiten (Grafik 3). Wenn eine Netzeinspeisungnicht möglich ist oder nicht vergütet wird, kann versucht werden, den Strom an einen Nachbarn zu vermarkten.Was technisch kein Problem darstellt, ist aber unter den Gesichtspunkten Genehmigung und Abrechnung ein schweres Unterfangen. Auchdas Abregeln einer Photovoltaikanlage, sodass kein überschüssiger Strom ins Netz eingespeist wird, ist technisch problemlosmöglich.

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Grafik 3: Möglichkeiten zur Nutzung von Überschüssen aus photovoltaischen Eigenverbrauchssystemen.

Photovoltaikanlagen können sich bei weiter fallenden Anlagenpreisen prinzipiell auch rechnen, wenn ein Teil deserzeugten Stroms abgeregelt wird. Bevor überschüssiger Solarstrom schlichtweg weggeschmissen wird, istes aber sinnvoller, ihn in einer Batterie zu speichern und dann später selbst zu verbrauchen. Verschiedene Solarfirmenentwickeln gerade Batteriesysteme mit Hochdruck. Meist sind Batteriespeicher für einen wirtschaftlichen Einsatz abernoch zu teuer. Das wird sich jedoch vermutlich in absehbarer Zeit ändern, sodass man diese Entwicklung aufjeden Fall im Auge behalten sollte.

Heizen mit Photovoltaik

Eine weitere Nutzungsmöglichkeit für die Überschüsse besteht ganz banal im Verheizen. Auch eine Kombinationvon Batteriespeicher und Elektroheizung ist möglich. Um die Überschusswärme möglichst gut thermisch nutzenzu können, wird ein Wärmespeicher benötigt. Grafik 4 zeigt ein entsprechendes Solarsystem mit Batterie undPuffer-Wärmespeicher für Trinkwasser und Heizungswärme. Eine Regelung sorgt dafür, dass Strom von der Photovoltaikanlagein erster Linie selbst verbraucht wird und damit teuren Netzstrom einspart. Lässt sich der Strom nicht zeitgleichselbst verbrauchen, speichert das System die Überschüsse in einer Batterie zum späteren Eigenverbrauchoder spart bei der Heizungsanlage über einen Heizstab im Wärmespeicher Brennstoffe ein. Damit lassen sich dieins Netz eingespeisten Überschüsse deutlich reduzieren.

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Grafik 4: PV-Eigenverbrauchssystem mit Batterie- und Wärmespeicher.

Dieses System rechnet sich über die Kombination aus den durch den Eigenverbrauch vermiedenen Stromkostenund durch die thermische Nutzung vermiedenen Brennstoffkosten. Wird die Wärme ohnehin schon elektrisch erzeugt,ist ein Einsatz von Photovoltaiksystemen hier bereits heute wirtschaftlich attraktiv. Bei einer Beheizung aufErdölbasis ist durch die stark gestiegenen Ölpreise die Wirtschaftlichkeit in absehbarer Zeit zu erwarten. Bei Gas oderHolzheizungssystemen liegen die Brennstoffkosten derzeit noch niedriger, wodurch momentan der Einsatz vonSolarstromheizungen meist noch nicht rentabel ist. Bei weiter fallenden Preisen für Photovoltaikanlagen ist aber eineWirtschaftlichkeit auch hier nur noch eine Frage der Zeit.

Im Vergleich zu reinen Netzeinspeisungsanlagen sind photovoltaische Eigenverbrauchsanlagen deutlich komplizierter.Für eine optimale Wirtschaftlichkeit müssen sie individuell auf den jeweiligen Strom- und Wärmebedarfabgestimmt werden. Bedienungsfreundliche Auslegungswerkzeuge oder umfangreiche Erfahrungen mit Vergleichsanlagengibt es momentan noch nicht. Diese werden erst in den nächsten Monaten und Jahren allgemein verfügbar sein.

Ausblick

Photovoltaische Eigenverbrauchssysteme bieten enorme Chancen. Während die Preise für Strom undBrennstoffe kontinuierlich steigen, verändern sich die Kosten einer funktionierenden Solaranlage nicht. Bereitsheute sind Eigenverbrauchssysteme in vielen Fällen eine ökonomisch interessante Alternative. Damit ist zuerwarten, dass im Bereich der Solarstromnutzung eine ähnliche Dynamik wie beim Ausbau des Mobilfunks oderder Internetnutzung entsteht. Alleine durch das Erschließen geeigneter Gebäudedächer könnten Photovoltaikanlagenin Deutschland und Österreich bereits in 20 Jahren gut 20 % des Strombedarfs und zusätzlich noch einen Teilder Wärme decken. Besitzer einer photovoltaischen Eigenverbrauchsanlage können also künftig nicht nur die eigenenEnergiekosten drücken und unabhängiger von Energiekonzernen von knapper werdenden Brennstoffen werden.Sie leisten somit einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende.

Volker Quaschning

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