Autark bei Blackout: Photovoltaik-Stromspeicher mit Notstrom (2024)

PV-Anlagen können bei einem Stromausfall mithilfe eines Stromspeichers Not- oder Ersatzstrom bereitstellen. Doch längst nicht alle Lösungen sind dafür geeignet.

Der Absatz von Photovoltaikanlagen mit Stromspeicher (Ratgeber) oder Solarspeicher, wie die Batterien auch genannt werden, steigt seit Jahren signifikant. Während 2019 nur etwa 42 Prozent der neu installierten Solarstrom-Anlagen mit einem Batteriespeicher kombiniert wurden, stieg dieser Anteil im letzten Jahr auf fast 75 Prozent. Allein im Jahr 2022 wurden deutschlandweit über 197.000 Stromspeicher zusammen mit einer PV-Anlage neu installiert oder nachgerüstet – 2019 waren es nur 42.000. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 269.000 Solaranlagen in Betrieb genommen, was seit 2019 einem durchschnittlichen Wachstum von jährlich 46 Prozent entspricht. Der Zubau im vergangenen Jahr betrug insgesamt 7,2 Gigawatt.

Die Energiewende ist also voll im Gange. Und je mehr Wärmepumpen und Elektroautos im Einsatz sind, desto mehr lohnt sich eine Photovoltaikanlage inklusive Batteriespeicher und Wallbox (Ratgeber). Inzwischen sind in Deutschland über eine Million E-Fahrzeuge zugelassen. 2019 waren es noch weniger als 100.000. Auch in Zukunft dürfte der Absatz von Elektroautos steigen, da viele Verbraucher nach Alternativen zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor suchen, um unabhängiger von steigenden Preisen bei fossilen Energieträgern zu werden. Und was ist da naheliegender, als die Energie dafür selbst herzustellen. Besonders in Zeiten, da die Komponenten für die Herstellung von selbst erzeugtem Strom wie Solarpanel, Wechselrichter und Batteriespeicher deutlich günstiger als noch 2022 sind. Schließlich hat der Gesetzgeber die Umsatzsteuer für diese Bauteile seit Anfang des Jahres ausgesetzt.

Neben einer höheren Eigenverbrauchsquote und den daraus resultierenden niedrigeren Energiekosten, wünschen viele einen Stromspeicher, der auch eine Notstromfunktion bietet. Das zeigt auch eine Umfrage von Eon unter 10.000 Hausbesitzern. 77 Prozent der Befragten, die in eine Photovoltaikanlage investieren wollen, möchten diese mit einem Stromspeicher kombinieren, der auch eine Notstrom-Lösung bietet. Gründe dafür könnten am starken Anstieg bei der Zulassung von E-Autos sowie die zunehmende Verbreitung von Wärmepumpen liegen, die man als Betreiber eine Solaranlage bei einem Stromausfall gerne weiterbetreiben möchte.

Die geopolitischen Entwicklungen der letzten Jahre mit steigenden Energiepreisen verstärken zudem den Wunsch vieler nach mehr Autarkie bei der Energieversorgung. Auch bei TechStage registrieren wir einen starken Anstieg bei den Zugriffszahlen entsprechender Berichte: Zu den meistgelesenen Beiträgen der letzten Monate zählen etwa Artikel über Solar-Powerstations und Stromspeicher für Photovoltaikanlagen.

PV-Anlage mit Notstromfunktion

Für Besitzer von Photovoltaikanlagen liegt es daher nahe, den PV-Strom selbst zu verwenden und bei einem Stromausfall davon zu profitieren. Doch für eine Notstromversorgung sind die meisten Photovoltaikanlagen gar nicht ausgelegt. Sie sind in der Regel an ein funktionierendes Stromnetz gekoppelt. Fällt dieses aus, wird die heimische Solaranlage automatisch vom Netz getrennt und die Umwandlung von Sonnenenergie in Strom wird dadurch gestoppt. Das passiert aus Sicherheitsgründen zum Schutz aller, die versuchen, die Stromversorgung im öffentlichen Netz wiederherzustellen.

Damit eine PV-Anlage die heimischen Verbraucher bei einem Stromausfall mit Strom versorgen kann, müssen geeignete Wechselrichter in Kombination mit einem Stromspeicher und einer Notstromfunktion verwendet werden.

Die Wechselrichter Primo GEN24 Plus (einphasig) und Symo GEN24 Plus (dreiphasig), die in Verbindung mit Stromspeichern von BYD im Test der HTW Berlin bei der letzten Stromspeicherinspektion (Ratgeber) auf den vorderen Plätzen gelandet sind, bieten eine solche „Basis-Notstromversorgung“. Dabei handelt es sich um eine bei Stromausfall versorgte Steckdose, die bei Fronius PV-Point heißt und die einphasige Verbraucher bis zu 3 kW versorgt. Damit lassen sich jedoch nur einzelne Geräte mit Strom versorgen. In Kombination mit einem kompatiblen Stromspeicher von BYD können die Fronius-Wechselrichter diesen sogar weiter mit Strom von der Photovoltaikanlage aufladen. Ohne gleichzeitiges Laden des Stromspeichers endet die Versorgung mit Notstrom, wenn die Kapazität der Batterie erschöpft ist.

Eine solche Notstromfunktion dürfte für die meisten Anwender allerdings zu unkomfortabel sein, da nicht alle Verbraucher im Haus davon profitieren.

PV-Anlage mit Ersatzstrom

Wer bei einem Stromausfall sämtliche elektrische Geräte im Haus mit Strom versorgen möchte, muss neben Wechselrichter und Stromspeicher auch Schaltkreise implementieren, die bei einem Stromausfall, das komplette Hausnetz vom öffentlichen Stromnetz trennen. Sollen auch dreiphasige Verbraucher versorgt werden, sind entsprechende Wechselrichter erforderlich. Außerdem müssen die Komponenten „schwarzstartfähig“ sein. Ursprünglich wurde die Bezeichnung für die Fähigkeit eines Kraftwerkblocks verwendet, unabhängig vom Stromnetz vom abgeschalteten Zustand ausgehend hochzufahren.

In der Regel ist jedoch kein Dauerbetrieb des sogenannten Inselbetriebs empfehlenswert, da die zum Einsatz kommenden Wechselrichter oft nicht dauerhaft für diese Betriebsart ausgelegt sind. Fronius limitiert etwa den Inselbetrieb auf 15 Prozent der Nutzungszeit. Pro Jahr wären das immerhin fast 55 Tage. Da eine Versorgungsunterbrechung mit Strom in Deutschland im Jahresdurchschnitt nur 10 Minuten beträgt, kann man hierzulande mit diesem Limit gut leben.

Obendrein kann die Umstellung auf Inselbetrieb einige Zeit in Anspruch nehmen. Mit dem Wechselrichter von Fronius dauert es etwa 90 Sekunden, bis die Anlage nach einem Stromausfall vom Netz getrennt und auf Eigenversorgung umgeschaltet hat (siehe Video).

Andere Wechselrichter wie Modelle von Victron, SMA oder Sungrow schalten mit 20 ms oder weniger deutlich schneller um. Da Victron-, SMA- und Sungrow-Wechselrichter bereits Schaltungen zur Trennung vom öffentlichen Stromnetz enthält, müssen Interessenten nicht in eine über 1000 Euro teure Umschaltbox investieren.

Neben dem Multiplus II 48/3000 von Victron Energy sind inzwischen auch die leistungsfähigeren Modelle 48/5000, 48/8000 und 48/10000 in Deutschland zertifiziert.

Die Auswahl eines Stromspeichers und passendem Wechselrichter sollte jedoch nicht allein auf die Notstromfunktion reduziert werden. Auch die maximale Lade- und Entladeleistung spielt eine Rolle. Zudem ist die Energieeffizienz der Gesamtlösung für die Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlage sicher von größerer Bedeutung. Entsprechende Tests führt die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW) jährlich durch.

Das gilt auch für Lösungen von RCT-Power, die zuletzt den Effizienztest der HTW von Stromspeichern mit 10 Kilowattstunden (kWh) gewonnen haben. Der deutsche Hersteller bietet mit der RCT Power Switch Box auch eine Lösung, die bei einem Netzausfall Ersatzstrom für einen Weiterbetrieb der Photovoltaikanlage zusammen mit dem Batteriespeicher ermöglicht. Die Box trennt innerhalb von 10 Sekunden die Photovoltaikanlage vom öffentlichen Stromnetz und stellt auf Selbstversorgung um, wobei der Stromspeicher weiter geladen wird. Sie ist kompatibel zu den RCT-Stromspeichern mit 4, 6, 8 und 10 Kilowatt (kW), wobei die ersten beiden Varianten nur einen einphasigen Ersatzstrombetrieb mit bis zu 6 kW Leistung bieten. Die größeren Modelle bieten hingegen einen dreiphasigen Ersatzstrom mit bis zu 10 kW.

Auch die Stromspeicher S10 Mini, S10 E, S10 X, S10 X Compact und S10 Pro von E3DC, die der Hersteller Hauskraftwerke nennt, sind für einen Stromausfall vorbereitet. Außer S10 Mini, der nur eine Notstromsteckdose bietet, unterstützen die anderen Lösungen einen dreiphasigen Ersatzstrombetrieb, für den die Stromspeicher allpolig vom öffentlichen Stromnetz getrennt werden. Für den dreiphasigen Ersatzstrom wird lediglich ein aufpreispflichtiger Motorschalter benötigt, der bei Bestellung schon im Werk eingebaut wird respektive später nachgerüstet werden kann. Kostspielige Umbauten – auch bei nachträglicher Installation fallen also nicht an. In der Praxis hat sich die Ersatzstromfunktion von E3DC bei einem unserer Leser bewährt.

Förderungen von PV-Anlagen und Stromspeichern

Die Inbetriebnahme und die Anschaffung von PV-Anlagen ist seit Beginn des Jahres deutlich einfacher und günstiger. Grundlage ist die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das bereits 2022 in Kraft getreten ist. Die meisten Regelungen, wie auch der Verzicht von Umsatzsteuer beim Kauf von Solarmodulen, Wechselrichter und Stromspeichern, gelten seit 1.1.2023. So hat die Bundesregierung die Einspeisevergütung deutlich erhöht. Bei Anlagen mit Eigenversorgung bis 10 Kilowatt-Peak (kWp) zahlt der Bund 20 Jahre lang 8,2 Cent pro Kilowattstunde und 7,1 Cent bei Anlagen zwischen 10 und unter 40 kWp. Ab einer Leistung von 40 kWp sind es nur noch 5,8 Cent.

Trotz dieser Erhöhung liegt der Marktpreis für eine Kilowattstunde Strom um ein Vielfaches höher, sodass der Eigenanteil beim Verbrauch besonders hoch liegen sollte. Ein Stromspeicher hilft bei diesem Vorhaben. Er speichert die von den PV-Modulen tagsüber gewonnenen Energie und gibt sie nachts an Verbraucher ab, sodass im günstigsten Fall kein teurer Strom aus dem Netz bezogen werden muss. Mehr darüber verraten zahlreiche Online-Tools von der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin.

Zudem gibt es beim Bau einer PV-Anlage günstige Kredite von der KfW, sowie zahlreiche Förderungen von Ländern und Kommunen.

Fazit

Da ein Stromausfall in Deutschland im Jahresdurchschnitt nur 10 Minuten anhält, erscheint eine autarke Stromversorgung mittels einer PV-Anlage und passendem Batteriespeicher nicht unbedingt als ein unverzichtbares Feature. Doch der erste Eindruck könnte täuschen. Die Stabilität des Stromnetzes ist von vielen Faktoren abhängig. Versicherungen registrieren seit Jahren einen Anstieg von Naturkatastrophen, die in den betroffenen Gebieten zum Teil für deutlich längere Stromausfälle sorgten. Und vor zwei Jahren schrammte Europa laut Ingenieur.de nur knapp an einem Blackout vorbei.

Die aktuelle geopolitische Lage mit drohenden Ausfällen bei der Gasversorgung könnte auch in Deutschland mit seinen vielen Gaskraftwerken für einen Strommangel sorgen, der eine zeitweise Abschaltung bestimmter Verbraucher nötig machen könnte. Schließlich beträgt der Anteil von Erdgas bei der Stromerzeugung 2022 bei knapp 11 Prozent. Rechtliche Rahmenbedingungen für das Abschalten bestimmter Verbraucher bei einer Strommangellage hat die Bundesnetzagentur bereits umgesetzt.

Photovoltaikanlagen können in Kombination mit Stromspeichern bei einem Stromausfall sämtliche Verbraucher im Stromnetz des Hauses mit Ersatzstrom versorgen. Hierfür müssen jedoch geeignete Wechselrichter und darauf abgestimmte Stromspeicher verwendet werden. Das ist mit Mehraufwand verbunden, der Kosten in Höhe zwischen 500 und 2000 Euro verursacht. Den Einbau solcher Lösungen unterstützen die Hersteller mit kostenlosen Schaltplänen und Komponentenlisten, sodass sich Besitzer von PV-Anlagen mit diesen gezielt an Elektroinstallateure wenden können. Wie eine solche Anlage in der Praxis funktioniert, zeigt das Video des Youtubers Eigenwatt.

Mit der Notstromfunktion vieler Stromspeicher gibt es zwar eine kostengünstigere Variante, die allerdings nur wenige Geräte versorgen kann. Hier sollte man prüfen, ob die Lösung im Notstrommodus auch den Speicher lädt. Ansonsten gehen die Lichter schnell aus.

Weitere wertvolle Hinweise bietet der Folge-Artikel: Notstromversorgung: So funktionieren PV-Anlagen mit Ersatzstrom in der Praxis. Mehr Informationen über autarke Stromversorgungsmöglichkeiten bieten unsere zahlreichen Beiträge über Solargeneratoren (Themenwelt) wie Und wer mehr über intelligente Haussteuerungen erfahren möchte, findet entsprechende Informationen in unserem Themenschwerpunkt Smart Home. Für Einsteiger ins Thema empfehlen wir unseren Ratgeber Smart Home: Auch mit wenig Geld zum Erfolg.

Wer smart heizen will, sollte sich den Ratgeber Smarte Thermostate für Fußbodenheizungen durchlesen und die Bestenliste Top 10: Die besten smarten Heizkörperthermostate 2022 ansehen. Wie man den Standby-Verbrauch von Geräten reduzieren kann, erklärt der Beitrag WLAN-Steckdosen in der Praxis: Modelle, Einsatzzweck, Preise. Und im Beitrag erklären wir, wie man auf Basis smarter Sensoren das Raumklima verbessern kann.

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